Tilmann Moser

Tanz der Kommunikation

Eva Weißmann über Lernen und

Die Tanz- und Körperpsychotherapeutin Eva Weißmann mit vielen Fortbildungen und Aktivitäten auf breiten Feldern, als Lehrerin, Dozentin,  Praktikerin, Tänzerin und Supervisorin schafft es, Babyforschung, Psychoanalyse, Bewegungstherapie und Übungsleitung zusammen zu denken in einem Band, denen man sich in viele Hände wünscht: von Psychotherapeuten, Kindergärtnern, Kitapersonal, Sozialarbeitern, Tänzern wie Tanztherapeuten. Und nicht zuletzt Eltern, die aus eigenen Entbehrungen an Zuwendung und Unterrichtung stecken geblieben sind in der seelischen und körperlichen Feinwahrnehmung ihrer Kinder. Sie scheint ein Genie in Halt gebender  Berührung, und zwar vom ersten Lebenstag eines Kindes an, und sie legt dies auch es nieder in einem rührenden Text über den Umgang mit dem Windelwechseln und dem notwendigen Dialog zwischen Mutter oder Vater und Kind, der, wenn irgend möglich, nicht in Hast und Eile vor sich gehen sollte, sondern eben als „Tanz der Kommunikation“, gestisch, lautlich und wertschätzend, so zielstrebig wie spielerisch, also: angenähert an Idealbedingungen, für die es immer Abstriche geben wird. Und dies alles ist unterfüttert mir enormer Literaturkenntnis aus vielerlei Disziplinen.ichtige Schlagworte: Bewegungskompetenz, Beziehung, Empathie, Prinzip Antwort und Achtsamkeit, die im Mitschwingen der wechselseitigen Wahrnehmung dienen.

Die Funktion und die Möglichkeit des Lernens sind derzeit ein gesamteuropäisches wie weltweites Thema, seit der sogenannte „Bologna-Prozess“ viel Forschung über Lernbereitschaft, Lernhindernisse und Lernchancen hervorgerufen hat. „Lernen mit Begeisterung“ ist ihr Ziel, über verbale wie averbale helfende Zuwendung und Signale. Spiel und Kreativität stehen gegen Normierung und Lernzwang wie gegen eine Kultur des „falschen angepassten Selbst“.

Die Autorin bietet dem Leser, wenn er nur bereit ist, die Lektüre kurz zur Selbsterfahrung zu unterbrechen, reizvolle Übungen an. „Achtsamkeit“ ist zwar längst ein therapeutisches Modewort geworden, aber bei ihr versteht man, was damit zur Förderung kreativen Zusammenlebens gemeint ist. Arbeits- wie Lernpausen gehören dazu, und ab und zu erlebt man am Fernsehen, wie in Japan oder China bereits Gebrauch davon gemacht wird. Denn die Opfer des dortigen Arbeits- und Lerndrills haben fast zwangsläufig zu Alternativen geführt. Man sieht, wie japanische Studenten zum Tanzen von ihren Büchern aufstehen oder Fließbandarbeiter in China zu heiteren  gymnastischen Übungen den Arbeitsplatz verlassen. Man hofft, dass die Pausen nicht nur zu Steigerung der Produktivität angeordnet werden.

Eva Weißmann, „Lernen im Gleichgewicht. Wie Bewegung die emotionale und kognitive Entwicklung fördert“, Verlag Brandes und Apsel, Frankfurt 2016, 268 S., kart., 24.90 Euro.

Tilmann Moser