Tilmann Moser

Moser Geißler Interview – Psychoanalyse und Körper, 2015

P. G.: Wenn Du an Deine lange Zeit an der Schnittstelle von Psychoanalyse und Körperpsychotherapie denkst - was waren rückblickend für Dich die Schlüsselerlebnisse?

T. M.: Ein frühes Schlüsselerlebnis in der Lehranalyse, das nur vorausweist auf sehr viel spätere Erlebnisse, war das folgende: Ich lag wie immer regungslos mit gestreckten Beinen auf der Couch und versuchte es mir mit minimalen Bewegungen, die nicht auffallen sollten, die Lage etwas bequemer zu machen. Eine Tages sagte der Analytiker: „Herr Moser, Sie liegen immer da, steif wie ein braver Zinnsoldat." Ich schämte mich, hielt meine Lage aber für normal, machte eine weitere minimale Räkelbewegung, hätte aber nicht gewagt, etwa meine Beine übereinander zu schlagen oder mich gar auf die Seite zu drehen. Dabei blieb es bis zum Ende, bis auf die sehnsüchtigen Berührungsphantasien, die als brave kindliche Übertragungsphantasien gewürdigt und gedeutet wurden, aber nicht als hoffnungslose unbewusste Sehnsuchtsphantasien nach dem unberührbaren Körper meines Vaters. Meine Ängste, homosexuelle Anteile und gelegentliche Phantasien zu haben, wurden nicht mit der Vatersehnsucht in Zusammenhang gebracht. Das hätte mich sehr erleichtert und entängstigt.

Bei einer langen Nachanalyse bei einer Schweizer Analytikerin mit Fortbildungen in Körperarbeit bot sie mir bei einem verzweifelten depressiven Zustand wie selbstverständlich ihre haltende Hand an - ich lag zwischen vielen Kissen auf dem Teppichboden, sie saß in greifbarer Entfernung neben mir. Diesem Angebot, das mich sofort in erlösend traurige Tränen ausbrechen ließ, folgten weitere Berührungs- und Angebote von Halt. Bei einem Fortbildungswochenende bei George Downing erlebt ich zuschauend, wie beherzt er bei einer Atemübung ins Bauchfell eines Teilnehmers griff, der dabei in heftige Gefühle geriet, über die anschließend erhellend gesprochen wurde. Und schließlich in der Ausbildung bei Al Pesso ging es zum Beispiel bei einer Struktur mit "idealen Eltern" um intensive Trost- und Geborgenheitsberührungen, später auch um Limitierung von aggressiven Größenphantasien mit heftige Kampfberührungen. Aber alles waren Erlebnisse außerhalb eines klassischen Settings. Doch ich, auch aus dem Spüren von tiefen eigenen Bedürfnissen, hatte Geschmack gewonnen und erlebte über eigene körperliche Gegenübertragungen die tiefen Bedürfnisse und Verwundungen von Patienten und machte mich mit Erfolg und Freude ans Experimentieren.

Die Patienten dankten es mit intensiven Gefühlen, neuer Arbeitsbereitschaft und vertieftem Vertrauen.

P. G.: Wenn Du über Deine analytische Coucherfahrung sprichst und Deine Angst beschreibst, Dich zu rühren, zu räkeln: Was würdest Du oder was würde ein Patient Deiner Ansicht nach brauchen, um sich diese Impulse zu erlauben? Braucht es Deiner Ansicht nach eine grundsätzliche Setting-Änderung oder eine andere "Grundregel", die man von vornherein erklärt, oder kann sich Deiner Ansicht nach so etwas auch aus der Couch-Erfahrung heraus entwickeln bzw. was braucht es dazu?

T. M.: Kinder sind reich an Räkelbewegungen, und sie vermögen in spielerischer oder auch kämpferischer Weise ihr augenblickliches Selbstgefühl auszudrücken, Zufriedenheit, Expansivität, Körper- und Raumeroberung, aber auch Freude, Dankbarkeit und Zorn, und vor allem: Wünsche nach Zuwendung, Gesehen-Werden, Selbstsein, Kraftgefühl, Ausdehnung, ja auch Selbstgenuss, aber geteilt mit einem wichtigen Anderen, der mitgenießen kann und notfalls auch Grenzen setzt, wenn der Übermut gefährlich werden könnte. Was meine ich mit letzterem: Auf der Schoß er Mutter stehend, durchaus in glücklichem Flirten begriffen, schmeißt sich da mal einer oder eine rücklings nach hinten in den ungekannten Raum, vor lauter Wonne unbedacht, aber gewiss, dass Mutter oder Vater rettenden Halt geben werden.

Wie bringt man nun Äquivalente des kindlichen Räkelns auf die Couch, wenn man das Kind im Erwachsenen in seiner Regression sicher erkannt hat? Die Möglichkeiten im Sitzen erscheinen mir ein wenig eingeschränkter, aber wir werden sehen. Ein wichtiges Problem, ein Hindernis bei Scham wie auch Förderung der leiblichen Entfaltung, wenn das Experiment gelingt, ist die Sichtbarkeit des ganzen Körpers, wenn der Therapeut hinter, neben oder am Fuß der Couch sitzt oder steht. Natürlich wird der Therapeut anbieten, auf Wunsch seinen Blick abzuwenden, um die Scheu zu verringern. Der Übergang zum aktiven Anraten des Räkelns bot sich mir an, als ich wahrnahm, dass der Körper in der tiefen Regression im Liegen wohl Mühe haben würde beim Aufstehen, um zu einem erwachsenen Tonus zurückzufinden. Als manche Patienten Schwierigkeit beim Gehen hatten, leicht taumelten, sich dann erst recht schämten und sich stammelnd zu entschuldigen begannen, war klar, dass ich eine Lösung zur Rückkehr zur Erwachsenheit finden musste, und ich fand sie in der Anregung zum Räkeln, wenige Minuten vor dem Ende der Stunde. Meistens sind die Patienten inzwischen dankbar, wenn sie spüren, ich habe über den Übergang nachgedacht und Hilfe ersonnen habe. (Sie könnte genauso gut wirksam sein bei regredierten Patienten in einer verbalen Therapie).

Die Überraschung bei dem Vorschlag ist zunächst groß, und man stellt ebenso überrascht fest, wie viel Unbeholfenheit, Scheu, Verlegenheit und Ungläubigkeit, ja Befremden zuerst zutage tritt. Vorsichtig ergeben sich einige leichte Streckbewegungen, noch immer nahe dem Bild des „steifen Zinnsoldaten“, mit dem sich, leider sehr spät und ohne die Anregung des Räkelns, mein Lehranalytiker sich mit feiner Ironie über meinen jahrelang still und starr liegenden Körper amüsierte. Er meinte es nicht kritisch, eher wohlwollend, aber dass er mich so spontan auf den Arm nahm, kam auch daher, dass ihm das Problem eines Tages abrupt deutlich wurde, wer weiß, welchen erhellenden Aufsatz er gerade gelesen hatte. Das Buch von Jörg Scharff /Die leibliche Dimension in der Psychoanalyse/wurde erst 40 Jahr später geschrieben und lehrt die analytischen Kollegen, auf ihre eigenen Körperempfindungen und -identifikationen zu achten.

Ich fing an Babys und Kleinkinder auf ihre Räkelbewegungen hin zu beobachten und begann zu staunen über eine mögliche Übertragbarkeit dieser Bewegungen auf die Couch. Ich biete nur eine Auswahl: Der Patient kann sich strecken und zusammenziehen, sich wälzen, krümmen, aus einer embryonalen Lage sich dehnen oder gar explodieren; er kann seine lange verborgenen exhibitionistischen Tendenzen entdecken, falls er die Schamschwelle mit unserer Ermunterung zu überschreiten vermag; er kann die Beine zur Decke heben und zurück plumpsen lassen; er kann anfangen zu treten und dem Impuls folgen, sein Becken zu heben und eine anstrengende Brücke zu bilden versuchen, usw. Nach und nach wird er oder sie auch selbst erfinderisch, wenn man ermutigend fragt, welche Körperteil und Spannungsfelder sich noch regen wollen, um eine neue Kohärenz und Ganzheit des Körpers zu finden oder wiederzufinden.

Räkeln ist ein Grundbedürfnis des Säuglings und Kleinkinds und in meiner neuen Formulierung ein Grundrecht des Patienten auf der Couch, der seinen Körper mit und ohne Blick des Therapeuten erforschen und nutzen will.

Wichtig sind die integrierenden Gespräche über Vorerfahrungen mit dem Körper und mit der Bewegungslust in der Ursprungsfamilie, und die Auseinandersetzung zum Sehen und Gesehenwerden: die ungeheuren Landschaften des Körper hinter der Befangenheit und der Scham können angesprochen werden, oft zum ersten Mal für manche Patienten.

Manche Patienten greifen, wenn die Erlaubnis erst einmal internalisiert ist, zu Vorerfahrungen mit gymnastischen Übungen, ich habe schon sogenannte „Kerzen“ auf der Couch erlebt, Kopfstände,und dachte an die Erschütterungenin der Zunft, als Balint die damals umstürzendeEpisode mit dem Purzelbaum einer Patientin zum Besten gab. Seither habe ich viele Purzelbäumegesehen oder initiiert und zusammen mit demPatienten bejubelt. Wenn Kleinkinder das Purzelbaumkunststück erst einmal raushaben, folge unzählige Wiederholungen, bei denen der Zuschauer meist sehr wichtig ist. Bekannt ist aus einem beliebten Cartoonbuch das Bild mit dem kopfstehenden Schwein, das darüber klagt, dass wieder einmal keiner zuschaut.

Hilfreich beim Ermutigen kann es sein, neben der Couch sitzend dem Räkelanfänger eine beruhigend Hand zu reichen, die ihm vermittelt: „Es ist in Ordnung, wenn du dich räkelnd bewegst, auch wenn irgendwelche verinnerichten Elterngesichter das zunächst missbilligend beäugen. Sie waren nämlich selbst „körperbehindert“ und sind von sexualisierten Phantasien bedroht.

Eine oft als besonders unterstützend erlebte Variante ist die: der Analytiker bietet dem liegenden Patienten von hinten beide Hände als Halt an, dann kann der Patient zusammen mit diesem Halt seine Lust an Windungen und Krümmungen erlebt, das Anziehen der Beine und ihr Wegstoßen, das dadurch entstehende Wippen auf der Couch und die Heftigkeit des Ziehens und Drückens an den Händen des Therapeuten.

Die andere Variante der Wiederbelebung des lahmen Körpers ist das Strampeln. Auch hier sind Schamwiderstände zu überwinden, weil Strampeln, obwohl total ungefährlich, als zu aggressiv galt, das Säubern und Windelwechseln behinderte und manchmal ein ungeduldiges oder ärgerliches Muttergesichter zur Folge hatte. Doch mit dem Strampeln erwacht Lebensfreude, aber auch Wut, die Wiederbelebung des Körpers erfolgt auf dem Fuß, der Rest führt aber bereits zur Verbindung von Strampeln und Treten, ein anderes Kapitel.

P. G.: Es wird immer wieder argumentiert, dass das Couch-Setting aber auch entlastend sein kann; dass für einige (vielleicht viele?) Patienten die Vorstellung /nichts tun zu müssen /oder sich aus der Interaktion, wie sie beispielsweise im Gegenüber-Sitzen allein durch den Blickkontakt unausweichlich gegeben ist, herausnehmen zu können, und dass das gut tun kann und den Assoziationsstrom erst so richtig öffnet. Würdest Du einer solchen Sichtweise zustimmen können?

T. M.: Vom klassischen Analysesetting mit seinem Angebot von Regression, Ruhe, freie Assoziation, Kooperation im Verstehen von Übertragung und Deutung halt ich sehr viel. Natürlich braucht ein Patient Hilfe beim Übergang zu Inszenierung und Berührung und Aktion. Da sind vorgeschaltete Erklärungen wichtig über die Bedeutung des Körperselbst, die Körpererinnerungen, biographische Erinnerungen über den Umgang mit dem Körper in der Herkunftsfamilien und dem Blickkontakt, die Grade von Scham und Hemmung dort und im Patienten. Die Dosierung hängt davon ab, wieviel Einsicht bereits erworben wurde.

P. G.: Kann Deiner Erfahrung nach das „klassische Setting“ ausreichend sein? Gibt es Patienten, die gerade von dieser „psychoanalytischen Regression“ in einer Weise profitieren, dass eine Setting-Öffnung eben nicht erforderlich ist? Ich denke hier besonders an die „strukturschwachen“ Patienten, d. h. solchen die über eine nicht ausreichende Selbst-Objekt-Trennung verfügen – kann dann der Übergang in die körperpsychotherapeutischen Erfahrungsmöglichkeiten auch ein Zuviel darstellen, das sie eher verwirrt als dass es ihnen hilft?

T. M.: Für viele Patienten ist das klassische Setting ausreichend, ja förderlich, Voraussetzung: die Fähigkeit, den unsichtbaren Analytiker als präsentes, wen auch durch Übertragung verzerrtes Objekt wahrzunehmen und mit ihm in Beziehung zu bleiben und den angebotenen offenen Raum zu nutzen. Aber auch dann ist es im Falle drohender traumatischer, bedrohlicher und zu negativer Übertragungen, wegen der Angst der Gefährdung der Beziehung, sehr hilfreich, im Sinne der Gestalttherapie den Patienten zu ermutigen, direkt von der Couch aus zu den bedrohlichen, als feindselig erlebten Personen, realen oder Introjekten, zu reden, sie anzuklagen oder sie wütend zu konfrontieren. Sehr strukturschwache Personen taugen ohnehin nicht für die Couch, oder sie brauchen beruhigenden Halt mit der Hand. Bei drohender Verwirrung ist eine sitzende Position besser, aber auch da ist das Angebot der Hand oft hilfreich.

P. G.: Ist es Deine Erfahrung, dass im Falle negativer Übertragung diese Verlagerung aus der Übertragung heraus, d. h. das gestalttherapeutisch inszenierte „Rollenspiel“, wirklich in einer Weise hilfreich ist, dass sich dadurch auch die Übertragung auf den Therapeuten ausreichend genug auflösen kann? Ist es nicht möglich, dass Patienten das so erleben, wie wenn der Therapeut sich vor der eigentlichen Arbeit drücken würde? Und geschieht die korrigierende Beziehungserfahrung eigentlich doch eher innerhalb der Übertragung selbst, d. h. das reale Erleben, dass der Therapeut doch nicht so allmächtig, bedrohlich, zerstörend oder verfolgend ist, wie diese Patienten es befürchten?

T. M.: Es bleibt noch genug Spielraum für alle anderen Übertragungen. Und vor allem muss dem Patienten erklärt werden, warum man vorübergehend das andere Setting wählt: Schutz der bedrohten Beziehung, und Zugang zu sehr ängstigenden Gefühlen. Vielen Patienten leuchtet das so ein, dass sie auch andere Übertragungen so angehen wollen, vor allem solche, die noch nie angegangen waren und vielleicht lauernd warten. Den Patienten lasse ich die Wahl, aber die Tendenz zur Übertragung ist so kraftvoll, dass man sich über ihr Verschwinden keine Sorgenmachen muss. Aber wenn eine archaisch böse Übertragung im Rollenspiel wirklich- und vielleicht auch wieverholt -, konfrontiert wurde, kann sie wirklich weitgehend verschwinden, während andere, weniger gefährliche sich ormal entfalten können. Das Ich ist durch die Konfrontation auch entlastet worden und bekommt Gegenbesetzungsenergie frei. Falls ein Patient „Drückebergerei" vermutet, kann man ihn fragen, ob er sich traut, den Analytiker tödlich zu hassen oder vernichtend zu verachten. Dann sagt er in der Regel „Aha, kapiert.", und der Analytiker kann dann auf anderem Feld erlebt werden als einer, der auch heftige Übertragungen überlebt, aber nicht die potentiell vernichtenden, die vielleicht für beide zu furchterregend wären.

P. G.: Ich höre immer wieder von psychoanalytisch ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen, dass sie einen gewissen Widerstand bei sich selbst beschreiben, das Sitz- oder Liege-Setting zu verlassen und ins offene Setting zu wechseln. Oft sind dieselben durchaus auch körpertherapeutisch erfahren und haben diese Art der Arbeit positiv in Erinnerung - aber in der konkreten Anwendung in der eigenen Behandlungspraxis zögern sie sehr stark. Hast Du ähnliche Erfahrungen mit Kolleginnen und Kollegen gemacht? Hat dieser Widerstand vielleicht damit zu tun, dass man sich in der Arbeit im offenen Setting ev. doch stärker im Prozess involvieren muss und dass daher auch eigene Schwächen, Unsicherheiten und Mängel des Therapeuten deutlicher in der Vordergrund treten? Oder ist dieser „Widerstand" nicht doch eher eine Frage der „Technik", d. h. eines gewissen Mangels an kontrollierter Form des Übens?

T. M.: Die Erfahrung habe ich auch gemacht nach Fortbildungen, viel mehr noch Gisela Worm, die auch eine Erhebung darüber gemacht hat, die das bestätigen. Nur bei Kollegen, die eine gründliche Fortbildung in Körpertherapie hatten, scheint es anders. Wir Lehrerenden haben enorm viel Fortbildung, auch in analytischer Körperpsychotherapie, sodass wir die Ängste der zögernden Kollegen verstehen müssen: Fortbildung, Wiederholungen und Anwendung unter Supervision sind zu selten, um die Unsicherheit dauerhaft zu überwinden. Bei jeder Neueinführung mit Patienten spüren auch wir Erfahrenen oft unser eigenes Zögern, die Überraschung und manchmal das erste Befremdung und die Überraschung beim Patienten. Ein größeres Involviertsein kommt hinzu, der Sprung in die Nähe, auch die plötzlich stärkeren Gefühle, die bei den Patienten zum Vorschein kommen, die Unsicherheit in der Dosierung, usw. Die neu zu gründende Arbeitsgruppe mir zahlreicheren Lehrenden wird hoffentlich Abhilfe schaffen, dann können die Lernenden auch spüren, wieviel Entlastung das neue Setting bringen kann.

P. G.: Frage: Worin bestehen gegenwärtig Deine Arbeitsschwerpunkte und was hast Du in nächster Zeit noch vor? Was sind Deiner Ansicht nach wichtige anstehende Herausforderungen für die Weiterentwicklung der analytischen Körperpsychotherapie?

T. M.: Derzeit habe ich drei ältere Männer zwischen 50 und 70 in Therapie, Hauptproblem Vaterlosigkeit oder Mangel an Väterlichkeit. Ich sitze neben der Couch und halte die ganze Stunde über ihre Hand, die sie, weil sie sich mit ihr sehr angefreundet haben, auch anfangs sofort suchen oder erbitten. Sie erleben es einerseits als "Auftanken", Ichstärkung, Männlichkeit und unbekannte Geborgenheit stiftend, als ungewohnte und schmerzlich vermisste Nähe, als Erweiterung ihres eigenen containers für Gefühle, als Überwindung versteckter Homosexualitätsängste, aber auch als Hilfe bei der Trauer um nie Erlebtes beim eigenen Vater. Ich arbeite also an der Frage des Halts, aber auch an dem verinerlichten Vorwurf der Verwöhnung, der nicht mehr aufhebbaren Regression, der Manipulation, der Erotisierung usw. Aber der anfangs kindliche Halt verhindert nicht Reifung und zunehmendes Erwachsenwerden, Selbstvertrauen und auch kämpferischen Mut, der ihnen früher oft nicht gelang.

Zweiter, wichtiger Schwerpunkt: da ich nur halbtags mit wachsendem Vergnügen an meinem Beruf arbeite, habe ich viel Zeit und Lust zum Schreiben. Ich versuche, in möglichst präzisen Stundenberichten und in allgemeinverständlichen Sätzen das Wesen der analytischen Körpertherapie zu verdeutlichen, Mut zum Experimentieren zu machen und Variationen des klassischen Settings zu erproben und der orthodox-analytischen Verleumdung zu begegnen, ich sei kein richtige Analytiker mehr. Beispiele für solche Stundenberichte gibt es zuhauf in meinen letzten beiden Büchern "Großmütter, Mütter und Töchter" und "Klinisches Notizbuch" (beide 2015). Es sammeln sich längst schon weiter solche Stundenberichte, sodass sie bald ausreichen für einen weiteren Band von "Psychotherapeutische Fallgeschichten".


Wichtig sind: bessere Supervisionsmöglichkeiten für Kollegen, die sich ans Berühren und Inszenieren herantrauen wollen. Bedeutsam finde ich, im Sinne von Jörg Scharffs Buch "Die leibliche Dimension der Psychoanalyse", meine körperliche Introspektion und meine inneren Prozesse, Mutproben und Zweifel transparent zu machen, um lernende Identifikation zu ermöglichen.