Tilmann Moser

Psychoanalytische Bemerkungen zu Pornofilmen im Internet

2010

Seit ich pornosüchtige Patienten behandle, versuchte ich, ihnen in ihrem Erleben auf der Spur zu bleiben und die Zustände zu verstehen, in denen sie sich befinden, bevor sie den PC einschaltet; was sie fühlen während der oft langen Sitzungen vor dem Bildschirm, aus denen sie oft schwer wieder heraus kommen, und was sie von sich wahrnehmen, wenn die Selbstbefriedigung vorbei ist und die Leere sich ausbreitet. Ich habe auf das Studium der umfangreichen Literatur verzichtet und mich nur auf meine eigenen teils erregenden, teils abstoßenden Erlebnisse und die ebenso männlichen wie psychoanalytischen Eindrücke verlassen. Ich habe versucht, in dem Durcheinander von widersprüchlichen Übertragungen und Gegenübertragungen auf das Geschehen Leitlinien des manifesten wie des unbewussten Geschehens zu entdecken.

Aber dies soll keine Studie über meine Patienten werden, sondern über die Strukturen des pornographischen Angebots, das sich auf wenige Mausklicks hin in ungeheurer Breite und Vielfalt öffnet.

Es ist offensichtlich, dass auch der psychoanalytisch geschulte und um Objektivität bemühte Betrachter nicht unberührt bleibt von der Bilderflut und sich lediglich in neutraler Stimmung seine Notizen macht. Eine gewisse Erregung teilt sich fast unausweichlich mit, trotz wachsendem Überdruss. Der Autor entschuldigt sich also, wenn sich in den Text gelegentlich und trotz des Versuchs ironischer Distanz ein Prise lüsterner Anteilnahme in die Sprache einschleicht. Alle „teilnehmende Beobachtung" an aufwühlenden sozialen Szenen beeinflusst auch den Betrachter in seinem Bemühen um die Nüchternheit der wissenschaftlichen Haltung.

Willkommen bei Google

Bei Google genügt die Eingabe des Wörtchens „porno", und man hat unter einem knappen Dutzend Anbietern die Auswahl der Programme. Sie bieten eine Fülle von Lock- und Einstiegsbildern an, die man auch im Großformat aufrufen kann, und am seitlichen oder unteren Rand findet man sogar lange Suchlisten mit einer Übersicht über die verschiedenen Pornosparten, Szenenfolgen, Spezialarrangements und über das beteiligte Personal, die verheißungsvollen Nationalitäten und die Lokalitäten der meist wilden, aber auch stereotypisierten Ereignisse.

Der absolut aufdringliche Eindruck ist der: die Machoperspektive dominiert in erschreckendem Maß die Videos, der männliche sexuelle Narzissmus springt in aggressiver Weise in die Augen. Die Frauen erscheinen als mitspielende Objekte, auf deren Gesichtern und Körpern sich das Feuer der meist künstlichen und professionell routinierten Leidenschaft abzeichnet. Der männliche Blick wie die männliche Aktivität sind lüstern, geil, zielgerichtet, positionenkundig, routiniert im Arrangement; sie laden den Betrachter zur anstrengungslosen Identifikation ein und belohnen ihn in der Regel mit der voyeuristischen Erregung eines im Verborgen bleibenden Zuschauers.

Die Reklamesendungen in den Fernseh-Schmuddelsendern locken sogar mit der Verheißung einer garantierten „Abspritzgarantie" schon nach wenigen Minuten, weil es eben schnell „zur Sache" geht. Die Vorschaubilder der Videos tragen zur Orientierung Kurzkommentare und Angaben über die Laufzeit der Streifen. Ein Verlaufsbalken erlaubt eine Beschleunigung der Szenen, sodass der Betrachter von Szene zu Szene springen kann und dort verweilt, wo sich ihm die meiste Lust des Schauens anbietet.

Die rasche Verfügbarkeit ist ein Lockmittel eigener Art: sie verspricht sofortigen Genuss und schnelle Erregung. Der Mann (und die entsprechend gestimmte Frau) werden zu mächtigen Herrschern im Bereich der Lüste. Nur das Aufhören, der Abschied vom Nervenkitzel, ist oft schwierig, weil immer neue Bilder noch eine Steigerung versprechen. Porno kann süchtig machen, oder er ist schon eine Sucht, die Zeit und Hingabe benötigt, und die schwer vermeidbare Erneuerung des Immer-Gleichen.

Am Ende ist bereits der Anblick des PCs schon der verlockende Reizauslöser, wie für den Alkoholiker schon der Anblick einer leeren Flasche die Kontrollmechanismen lockert. Die gierige, beschädigte Seele redet sich ein: Nur ein paar Minuten! Aber dem Süchtigen werden es Stunden, während denen er die Zeit vergisst und sein Wirklichkeitsbezug sich lockert.

Nun zum phallokratischen Exhibismus. Die Bilder lassen keine Zweifel, dass den dargestellten Männern der Penis ihr stolzester Besitz ist. Dies ungeniert zeigen zu dürfen ist Reiz und Trost für alle sichtbar sich als Herren der Schöpfung fühlenden Männer. Entweder war ihnen ihr Körper durch eine prüde Erziehung und eine puritanische „Leitkultur" vergällt – nicht umsonst ist das Paradies der filmischen Pornozivilisation ein amerikanisches Urprodukt – oder sie dürfen sich mit dem Besitzerstolz der gezeigten Geschlechtsgenossen identifizieren; oder sie schwelgen im Anstaunen des fremden und doch fast eigenen Machtinstruments, dessen meisterliche Anwendung sie begeistert. Den Anteil der Frauen an den Demonstrationen sich ewig erneuernder Potenz schiebe ich noch ein wenig auf.

Am gierigsten verlangt der protzende Schwellkörper anscheinend nicht nach dem Schoß, sondern nach dem gierig geöffneten Mund der Partnerinnen. Mit der Hand am Hinterkopf der Frauen drücken sie deren Mund an den sehnsüchtig wartenden „Ständer", und sie stöhnen auf, wenn er sich um die glänzende Eichel schließt und die Zunge und die Lippen ihre alle Selbstzweifel heilendes Werk beginnen. Denn es ist offensichtlich, dass es nicht nur um Lust geht, sondern auch um den narzisstischen Rausch, wenn der glänzende Protzkopf, oft bis in den Schlund hinein, im Gesicht der Frau verschwindet. Die passiveren berauschen sich an den Saug- und Schmatzbewegungen der Partnerinnen, den aktiveren zuckt das Becken und sie haben Mühe, das Zustoßen nicht allzu überwältigend werden zu lassen. Psychoanalytisch gesprochen erleben sie die Begeisterung der frühen Mutter über das Patengeschenk des idealisierten kleinen Sohnes und dessen ersten Erektionen, wie überhaupt die regressiven Anteile im Geschehen oft zu überwiegen scheinen.

Sigmund Freud sprach von der entwickungsgeschichtlichen Aufeinanderfolge der erregbaren erogenen Zonen des Körpers, von Partialtrieben, die ihre oft ihre abgespaltene Teilbefriedung suchen, ohne dass sie noch in eine integrierte Gesamtsexualität eingeschlossen werden. Der Betrachter darf sicher sein – je nach eigener Fixierung – dass er alle diese Zonen in lustvollem Gebrauch vorgeführt bekommt. Alle unverarbeiteten Reste aus der als universell bezeichneten Perversion des Triebbündels Kleinkind („polymorph-pervers", Sigmund Freud) dürfen ohne Scham wieder aufleben. Vielleicht versprechen die Bilder damit auch eine Heilung aus der Desintegration der frühen Partialtriebe, deren Existenz so vom oft moralgetränken Bewusstsein fern gehalten werden muss.

Aber nicht Heilung ist die Folge, sondern eine Vertiefung der Desintegration, die die Sucht nach der vermeintlichen Heilung immer neu schürt. Die Auflösung der verinnerlichten Scham und die Erlösung von einem einschränkenden Überich im Alltagsleben sind ein zusätzlicher Gewinn. In den bereits zitierten Werbeangeboten der Schmuddelsender preisen die sich räkelnden Damen an: „Mit uns darfst du erleben, was du mit einer Frau nie zu tun oder zu verlangen wagen würdest." Auch die verinnerlichte Kontrolle durch das soziale Milieu ist also mit Begeisterung aufgehoben. Die seelische Beziehung der Männer, so weit man sie zu sehen oder zu erahnen bekommt, zu ihren Lustobjekten, schwankt zwischen Extremen: von der rauschhaften, aber eben fast nur lustbetonten Vergötterung im Augenblick von Sehnsucht und Gier, von kurzen Einblendungen von Zärtlichkeit, bis hin zu extremer Entwertung und Demütigung, vom einfühlsamen „Bedienen" bis zur rohen Bemächtigung, Massenvergewaltigung nicht ausgeschlossen.

Dem phallokratischen Narzissmus entspricht ein merkwürdiges Phänomen: Der Orgasmus wird weit seltener im Schoß der Frau gesucht als im demonstrativen Handbetrieb, in den die Männer beim heran nahenden Höhepunkt hinüberwechseln. Mit vorgestrecktem Becken bearbeiten sie ihr feucht glänzendes Glied, wechseln noch ein paar Mal in den Mund der Frau, holen sich Hilfe bei der Reibearbeit mit den Händen der Frau, und spritzen aufröchelnd in deren Mund oder auf Bauch, Busen oder Schoß. Das Moment des Stolzes scheint sich dem der Lust anzunähern. Was der Beitrag der Frau zu diesem Zeigeorgasmus ist, davon später. Deren offensichtliche oder gut gespielte Begeisterung gehört aber zum erotischen Gesamtkunstwerk der Inszenierung.

Die unendliche Befriedigung der Neugier der Männer

Wie es unter dem Schlüpfer oder dem Rock der Frauen aussieht, ist ein nicht abreißendes Thema des Wissensdurstes von kleinen und großen Jungen. Wem Glück beschert war, der hatte Schwestern oder kleine Kindergarten-Freundinnen fürs Doktorspiel, und die Unfassbarkeit der Kastration (auf beiden Seiten) gab dem Forschungstrieb immer neue Nahrung. Die Wunde der weiblichen Habenichtse blieb und bleibt ein Faszinosum. Wer eher Pech hatte, stammte aus einer Nackt-Körper-Kultur-Familie, die es fertig brachte, Erotik tagsüber weitgehend abzutöten und das Prickelnde des Geheimnisses umfassend zu neutralisieren. Je größer der phallische Narzissmus der Jugendlichen ist, desto eher bringt stellt die Möglichkeit des Verlusts eine unterschwellige Angst mit sich. Die Besichtigung der Wunde stellt immer wieder eine momentane Beruhigung dieser penisbezogenen Trennungsängste zur Verfügung.

Und es bleibt das Rätsel des geheimen Innenlebens der Frau. Die Männer in den Videos dürfen ungestraft mit dem Finger auf Erkundung in der Vagina gehen – die Neugier zwingt zur Geduld und zur Wiederholung, aber das lockende Rätsel bleibt. Das suchende Auseinanderfalten der Schamlippen und die vorsichtige Weitung der Öffnung ist ein erregender Zeitvertreib, dem sich viele mit Inbrunst hingeben. Das männliche Zuschauer darf den Forschungsreisenden tapfer und gefahrlos begleiten, der mag auch schon mal seine Nase in die Ritze stecken, bis ihn die Lust übermannt, einer immerwährender Leckerei nachzugehen, die ihm den Lohn des sich räkelnden Stöhnens einträgt.

Das wechselseitige Lecken ist die häufigste Ouvertüre des kommenden Koitus in den Filmen. Wenn die Zunge schon so lustmächtig ist, dann wird es bald dem noch untätigen Penis in der Scheide auch nicht schlechter ergehen. Im Gegenteil, die Faszination der männlichen Wirkmächtigkeit seiner Zunge spornt den Liebestäter so sehr an, dass er sich die Frau neu zurecht legt. Manche stehen vorher auf, um sich einen Gesamtüberblick über die nackt Daliegende zu verschaffen, ordnen selbstherrlich ein Spreizen der Beine an, wie überhaupt Neugier und befehlende Stellungsphantasie zusammen kommen. Der Schautrieb feiert seine Vorlust, aber nicht wenige Exemplare begnügen sich in den Filmen sogar damit, in der Stillung der Neugier schon die Erfüllung finden.

Liebevoll halten sie sich an ihrem Schwanz fest, um das Fest des Betrachtens, das manchmal ziemlich zwanghaft wirkt, intensiver zu genießen. Vor dem Eindringen scheint es sie regelrecht zu schaudern, oder sie begnügen sich, um einen scheußlichen Ausdruck zu gebrauchen, mit einem Fingerfick und onanieren danach, selbstvergessen zufrieden und körperlich heil geblieben. Oder aber sie helfen dankbar der Partnerin bei der Wiedereinkleidung und küssen sie, weil sie willig war und doch sie selbst sozusagen unbefleckt geblieben sind, zärtlich auf Mund und den in pubertärer Aufregung besichtigten Eingang zur unheimlichen Höhle. Die Mutigeren sind durch die Entdeckung bis zu angrifflustiger Kühnheit angestachelt, und der interessierte Betrachter genießt den Übergang von der Forschung zur Tat. In manchen Filmen werden die gerissenen Regisseure der Lust ausdrücklich genannt.

Die Wollust des Säuglings

Entweder der mutige Ritter packt den Busen der Frau selbst aus, mal tappig, mal zielsicher, mit kaum gezügelter Ungeduld, und wir dürfen seinen erregten Eifer mit genießen, oder die Frau ahnt die kommenden Genüsse, folgt aber eine angeborenen Genialität der Verzögerung und macht die allmähliche Enthüllung selbst zu einer erwartungsvollen und ebenso narzisstischen Entblößung. Bei manchen Filmen ist es schwer zu unterscheiden, oder die Gier des Mannes oder die Vorlust der Frau es bewirkt, dass die Körperteile quasi einrasten oder ineinander schnappen. Es dauert jedenfalls nicht lange, bis die Musik des Schmatzens einsetzt.

Es muss ein Zusatzvergügen beim Anschauen des Pornofilms mit sich bringen, wenn der aufgeregte Betrachter sich mit so viel unverhüllter Gier identifizieren darf. Das saugendeSäuglingsdasein feiert Auferstehung, und es muss ein ganzes Heer von oral zu kurz Gekommenen geben, die, immer wieder vergeblich, sich heilende Sättigung versprechen. Es kommt ja keine wirklich beruhigende Milch, was dazu führt, dass sich der Mund der süchtigen Protagonisten immer tiefer und verzweifelter in die Brust hinein wühlt und von Nippel zu Nippel springt, um ja nichts zu verpassen.

Aber auch aggressive und destruktive Phantasien dürfen ausgelebt werden gegen eine „böse Brust" (Melanie Klein): ein herrisches Zupfen und Quetschen löst ein grapschendes Drücken, ja Pressen des Busens ab und umgekehrt, und lustvolles und schmerzerfülltes Stöhnen sind beim sich windenden Opfer nicht mehr zu unterscheiden. Über den geduldigen Masochismus der Schmerzlust der weiblichen Profis später. Bei den älteren Liebedienerinnen kann man phantasieren, dass sie an die Bisse von Kleinkindern gewohnt waren, wenn diese sich nicht richtig gehalten und gesäugt fühlten.

Es sieht aus, als ob die gierigen Säuglinge die Brust leer saugen oder sie aus Rache zerstören wollten. Die gigantischen Anklickzahlen gerade solcher Szenen durch die Voyeure spricht für tiefere Bedürfnisse der Delegation von archaischer oraler Wut an die filmischen Vorkämpfer des erotischen Saugnapfverfahrens wie der symbolischen Rache an den frühen Ernährerinnen.

Anale Wonnen

Die meisten lustvollen sexuellen Erlebnisse sind verbunden mit der Erniedrigung, ja de Umkehr der Ekelschwelle. Das gilt nicht nur für Zungeküsse, Ohrenknabbern, Mösenlecken, sondern auch für den Umgang mit dem Hinterausgang. Auch hier spielen die Finger den weitenden Türöffner. Die kühnen Experimentatoren spüren bald, dass sie in der neuen erogenen Zone willkommen sind, weil ihre Filmpartnerinnen alle übliche Befangenheit abgelegt haben. Das Schmerz-Lust-Stöhnen der Damen fördert Ermutigung, und die Großaufnahme zeigt das langsame, erst zögerliche, dann wildere Eindringen in den Hintereingang, der durch die größere Enge der Schließmuskeln größeren Genuss beim Hin und Her des Stoßens bereiten.

Der Anteil der Wut und der Demütigung ist hier sichtlich größer, die Freude an der Beherrschung und Überwältigung deutlicher: die Frau wird noch eindeutliger zur verfügbaren, unterwürfigen Gebrauchsware, und es kümmert die offensichtlich bewunderten Bildschirm-Rabauken nicht, dass sie mit ihren Schwänzen auch die Vagina oder den Mund besuchen. In der fast fachmännisch und kompetent geschürten Erregung dulden es die Frauen, oder auch sie genießen das erlösende Verschwinden aller Hemmschwellen.

Der miterregte und immer noch neugierige Betrachter darf dann die klaffende Scheide betrachten und das Klatschen der aufeinander treffenden Schenkel und Pobacken belauschen. Die Großaufnahmen vermitteln das langsame Eindringen, die sich weitende Öffnung und das Mitschwingen des Skrotums, das weiter zu kraulen den geschickteren Damen mühelos gelingt, unter anfeuernden Zurufen, die die Begleitmusik bieten.

Eine andere Form der Erregungssteigerung, in fast allen Filmen routinehaft ausgeübt, ist das „Zuammenklappen" der Frauen: die Beine der liegenden Partnerin werden so weit nach oben gebogen, dass sie dem eindringenden Mann nur noch das exponierte Becken entgegen streckt und damit für den Mann das Gefühl von Beherrschung und Auslieferung verstärken, ebenso die Gewissheit, ein Maximum an Tiefe des Eindringens zu erreichen. Neben der Lust springt neben der Willfährigkeit für den Mann ebenso lustvolle Strafcharakter ins Auge. Aber auch viele Frauen im Bild sind für das lustvolle Straferleben empfänglich.

Die Freude an der Dringlichkeit des Koitus

Viele „normale" Paare schwärmen gelegentlich davon, wie sie sich gelegentlich in lauschiger Natur zum Liebesspiel gefunden hätten. Heraus in die Natur, mag manchmal die Devise sein, heimliche Angst und ebenso heimlicher Exhibitionismus mag dabei eine Rolle spielen, der Genuss der Unbefangenheit, das Zwitschern der Vögel oder das Plätschern eines Baches, das weiche Gras oder die pralle Sonne auf den entblößten Körpern.

Die Pornofilme greifen diese Lustvorstellungen auf und packen sie in Lockbilder einer idyllischen Gegend. Die Bilder zelebrieren das Ausziehen, einige Anfangszärtlichkeiten, aber dann beschleunigt sich das Tempo, die gierige Ungeduld wird spürbar, das übliche Programm wird rasch abgearbeitet Aber was auffällt: die Dringlichkeit und die Erregung sind so groß, dass der Untergrund meist keine Rolle mehr spielt, die Kopulation vollzieht sich auch auf harten Böden, auf Holzplanken, Bahngeleisen, Autokühlern und auf engen Autositzen, im Stehen an Bäume gelehnt, und es scheint, dass gerade das Tempo des „zur Sache-Gehens" den Reiz einer Teilnahme am erotischen Beinahe-Überfall gewährt. Es muss kein liebevolles oder langwieriges Vorspiel vorangestellt werden, die Hüllen werden manchmal auch einfach herunter gerissen, und im ansteckenden Taumel muss die Identifikation sich auftürmen und sich lösen. Leicht verschämt, stolz oder sogar leicht schuldbewusst schleichen sich die Ermatteten zu ihren Autos, wenn sie nicht einfach im Dunkel der filmischen Ausblendung verschwinden.

Höchst beliebt sind, neben den natürlicherweise gebotenen Betten, Matratzenlager, eleganten Couchlandschaften oder einfach Teppich für die an Bequemlichkeit orientierten Genießer. Aber auch Treppenhäuser, Hauseingänge, am liebsten aber Küchen, in denen die Hausfrau am Spülbecken hantiert und der Partner sich von hinten an sie heran macht. Auch hier wird ein immer ähnliches Programm abgespult, aber der Mann muss die Frau zuerst über die Anrichte biegen, sie auf den Boden knieen lassen, damit sie besser staunen und saugen kann, oder er stemmt sie auf den Küchentisch und öffnet die Beine zum Eingang.

Andere beliebte Örtlichkeiten sind sonnige Balkons mit weitem Ausblick und möglicher erregender Einblick aus der Umgebung. Schnelle Bote vermitteln Tempo und Potenz. Straßenbahnen bieten das Prickelnde der halben Öffentlichkeit in der dichten Menge, ebenfalls mit der Gefahr der Entdeckung, dem Reiz des mutigen Abenteuers, und dem Probeexhibionismus, verbunden mit der Unaufschiebbarkeit des Verkehrs. Den Paaren reicht die Geduld nicht bis in die begende Wohnung.

Der immer wieder zentrale Leistungsaspekt führt zu erstaunlichen gymnastischen Verrenkungen, die keinerlei entspannte Haltung zulassen. Hier ist offensichtlich die Akrobatik das Faszinierende: dass auch in den abstrusesten Stellungen ist „Beischlaf", in diesem Fall ein grotesker Ausdruck, möglich, sie erhöht durch die Spannung, ob das Paar nicht auseinander fällt oder abstürzt. Aber die Teilnehmer sind ja geübt. Dass das Thema Akrobatik nicht aus der Luft gegriffen ist, haben mir Picasso-Zeichnungen vermittelt, auf denen er Strichmännchen in den verrücktesten Positionen sich vereinigen lässt, so gesehen im Picasso-Museum Paris. Man verfolgt in im Film das Eindringen und die zuckenden Bewegungen mit Angstlust und Staunen und versteht, dass die Erregung manuell beendet wird aus Sorge um das erschlaffte Zusammensacken nach dem Höhepunkt.

Das Arrangement dürfte vor allem Jugendliche ansprechen, bei denen sich Erotik, sexuelle und gymnastische Leistungssteigerung verknüpfen, und die vielleicht noch gar keine oder minimale Erfahrungen mit normaler Sexualität haben.

Formen der Erregungssteigerung

Sehr beliebt sind Arrangements mit zwei oder mehr Männern, die sich eine Frau teilen. Sie „fummeln" gemeinsam an ihr herum, penetrieren sie abwechselnd, oder in so genannter Doppelpenetration, die fast immer im Großformat der nahe verbundenen, synchron agierenden Penisse aus der Perspektive des geöffneten Schoßes gezeigt wird. Oder die Frau bekommt zwei Penisse, an denen sie arbeitet, in die Hände, oder sie lässt sich von einem penetrieren und versucht den anderen, daneben stehenden oder knieenden mit der Hand zum Orgasmus zu bringen.

Die Zahl der Beteiligten lässt sich erhöhen, was, wenn auch mehrere Frauen beteiligt sind, zu packenden Verknäuelungen und pyramidenförmigem Aufbau zur besseren Zugänglichkeit der Geschlechtsteile führt. Das Arrangement wird unter dem Begriff der Orgie angepriesen, die sich noch ausweiten lässt zu einer größeren Party mit wilder Promiskuität oder einem Schwingerfest mit dem gleichen Ziel. Hier scheint die Auflösung aller Grenzen und die Diffusion aller Aktivitäten wichtig mit dem Ziel unverseller Wonne. Das Bacchanal fördert die Phantasie einer universellen Verschmelzung aller mit allen. Beliebt sind auch Party-Szenen, in denen ein Muskel- und Penisprotz sich anbietet und mehrere Frauen sich, gelegentlich rivalisierend, mit dem Mund an ihm abarbeiten, wobei mänadisches Gejohle den akustischen Hintergrund bietet. Die Szene gehört eigentlich schon ins Frauenfach, aber man darf miterleben, wie der zur Identifikation einladende Held im Zentrum des Andrangs das kollektive Begehrtsein sichtlich genießt. Siegerin ist, wer unter großen Hallo den Erguss herbeiführt.

Zu einem „normalen" Ritt zu zweit oder zu mehreren gehört bei halbwegs normalen Stellungen das laute Poklatschen auf die Frauen, eine stolze reiterliche Geste des Danks und der Ermutigung, eine Entfesselung der meist noch liebevollen Gewalt zum Zeichen der Herrschaft über das Pferd das immer neu zu- oder eingeritten werden muss.

Männer genießen den Anblick masturbierender Frauen, zur Steigerung mehrerer nebeneinander, unter anfeuernden Zurufen und Kommandos zum Stellungswechsel, ein Genuss der Voyeure und ihrer Macht des Arrangements, das auch der Stillung der Neugier dient: durch die Begutachtung der Erregung der Frau und die Würdigung des Eifers und ihrer Mühen bis zur stöhnenden Entlohnung. All dies ist so aufregend und erregend, weil die Filme auch verdrängte Wünsche ans Licht bringen du derenAusleben zeigen und billigen.

Ein Mann im Liegen kann zwei bis mehrere Frauen beschäftigen, die sich um seinen Penis kümmern, diesen abwechselnd streicheln, reiben oder küssen oder verschlingen, mit dem wiederum gemeinsam gefeierten Erguss. Im Spezialfall ist der Kleine noch schrumpelig und unansehnlich, aber der gemeinsam ausgeübten Kunst der Stimulation gelingt unter fast andächtigen Lauten des Staunens seine Aufrichtung zu beachtlicher Größe: die männlichen Kopulierprofis werden ja auch ausgesucht nach der Größe ihres Mannestums und der Fähigkeit, lange Zurückhaltung zu üben, um die Dauer der Veranstaltung zu verlängern. Der damit verbundene Peniskult gehört schon wieder ins Damenfach des Kults um den Stengel, der wiederum den narzisstischen Gewinn für den Mann in die Höhe schießen lässt. Für den männlichen Genießer werden Haremsphantasien geweckt, er ist für Minuten in seinem Leben ein orientalischer Pascha, dem die Weiberwelt zur Verfügung steht. Sein Penis wird zum Glücksspielzeug der Frauengruppe, die sich, inmitten der lustigen Rivalität, auch als ineinander verliebte Mädchen verhalten und sich herzen und küssen, sodass ein breit orchestriertes Liebesfest seinen Lauf nimmt. Sie können sich nach vollendeter Tat glücklich in den Armen liegen. Dem Mann kanns recht sein.

Die raffinierten Japanerinnen und Asiatinnen

Aus diesen Ländern, so mutmaßen die Regisseure, stammen die aufregendsten Sexsklavinnen, sie werden in den Bildunterschriften auch so angepriesen. Besonders beliebt scheinen in Japan Szenen zwischen Meister, Vorgesetztem, Chef, Geld-und Luxusprotz, dem die angestellten Mädchen, oft Zimmerfräulein, Sekretärinnen, aufreizende Angestellte, zu Diensten sein müssen. Und zwar sehr oft sofort, wenn er zum Dienst erscheint. Er braucht kein Vorspiel, keine Werbung, muss nur lässig die Hosen halb herunterlassen, und sie beugen sich willig und unterwürfig in die gewünschte Stellung. Fast meint man etwas von nationaler autoritärer Machokultur zu spüren: in der Identifikation mit dem herrischen Befehl oder der averbalen selbstverständlichen Erwartung von Gehorsam finden sich sicher eher die scheuen Männer wieder, denen die Frauen in der gehemmten Phantasie nur auf strengen Befehl zur Verfügung stehen können.

Die Chefs verabschieden sich mit einem Klaps, knüpfen zufrieden die Hose zu und verschwinden grußlos ins Büro. Es dominieren Omnipotenz und Willkür pur, es handelt sich bei den Frauen um dienendes, devot aufschauendes Personal, das benutzt wird wie Betriebseigentum, auch wenn solche Serviceleistungen nicht explizit im Arbeitsvertrag stehen mögen. Das Verfügungsrecht trägt sozusagen animalische Züge der Schnellabwicklung eines kurzen Orgasmus, der sich um die Dienerinnen nicht zu kümmern braucht und auch keine über den Augenblick hinausreichende Beziehung erfordert.
In abgemilderter Form trifft dieses Gefälle im sozialen Rang auch auf andere Berufsgruppen zu, die dem Sex suchenden Mann aus gehobenem Milieu leichtere Zugänglichkeit der Frauen versprechen, Berufsgruppen, die durch ihre Aura oft einen zusätzlichen Reiz zu verheißen scheinen: Stewardessen, Polizistinnen, Krankenschwestern, Babysitterinnen, Briefträgerinnen, Bedienungen im Restaurant, Putzfrauen, usw. Sie alle werden für kurze Minuten aus ihren beruflichen Tätigkeiten herausgelockt, und es bleibt zusätzlich zum Sex der Triumph über die geglückt Verführung zum raschen Rollenwechsel. Der ion der Phantasie noch allmächtige kleine Junge fühlt sich als Herrscher über die Mutter, die ihm den Genuss der Nahrung, der Salbung und des Puderns sofort gewähren muss.

Das gemeinsame Spritzen

Beliebt ist die freundschaftliche Männerbande, die ihre homoerotischen Verhältnisse nicht anders leben kann als durch gemeinsamen Bordellbesuch, wobei die Frauen sich so verhalten müssen, als fühlten sie sich geehrt durch den Besuch der Clique. Der Zusammenhalt verstärkt den Mannesmut vor dem Feind und führt zu Versuchen der gegenseitigen Überbietung in sexuellen Taten. Die Doppelpenetration schenkt eine im Alltag nie erreichte Nähe. Höhepunkt ist das gemeinsame Ejakulieren in unterschiedlichen Varianten: geöffneter Mund der Frau(en), gieriges Schlucken, oder wahlloses Spritzen oder Tropfenlassen auf den ermatteten Körper. Zufriedenes Einander-Zunicken beendet die Veranstaltung und Laute des gemeinsamen Einverständnisses bilden den Abschluss der Szene. Ins Frauenfach gehört der Umgang mit dem Ejakulat, doch davon später.

Der Ödipuskomplex auf pornographisch

Eine übergreifende Kategorie in den Bildangeboten heißt: „Alt und Jung": Es können reifere Damen sein, die sich danach sehnen, einen Jugendlichen ins Reich der Sexualität einzuführen, Tanten, Lehrerinnen, sogar grannies, also Großmütter mit Hängebrüsten und eindrucksvollen Hüftringen. Aber die Zentralfigur ist die Mutter, die ihren überraschten Sohn verführt. Entweder sie betrachtet verliebt den noch Schlafenden, vielleicht um ihn am Morgen, wenn sie sich in sein Zimmer schleicht, zu wecken. Ihre Hand wandert unter die Decke, und staunend und verliebt nimmt sie wahr, wie zuerst das stolze Instrument und dann erst der Schläfer erwacht. Oder sie wartet auf ihn in der Küche, wenn er von der Schule oder von der Arbeit kommt. Sie nähert sich einschmeichelnd, manche Söhne sind noch en wenig befangen und reagieren verlegen auf die zuerst scheinbar nur schmusende Annäherung. Andere reagieren, als hätten sie seit langem gewartet auf die Avancen, und packen beherzt ihren Busen aus, um ihren angestauten Hunger zu stillen an der noch immer prallen Brust. Den Zögernden sagt die Mutter, sie liebe ihn eben und das sei doch erlaubt, und der Jüngling glaubt es nur zu gerne.

Wenn die Befangenheits- und schamschranke einmal überwunden ist, erkennt auch der geübte Beobachter in den Blicken und Gesten keine Inzestschranke mehr. Die Mutter feiert ein rauschendes Glück, und der Sohn fühlt sich im Paradies einer unerwarteten und anspornenden Erlösung aus einer Not, die er schon lange in sich tragen muss. In diesen Filmen findet sich, was man bei den meisten Streifen vermisst, auch ein Stück anbahnende Zärtlichkeit, die den Übergang zur wilden Sexualität einleitet, die die beiden dann wie ein Dammbruch überkommt. Ein Vorteil für das lüsterne Paar ist, dass der Papa auf Arbeit ist, es droht also meist keine Störung.

Der im Mythos obligatorische Vatermord oder die Gattenbeseitigung ist also auf harmlose Weise bereits geschehen: Der Gute verdient in der Außenwelt sein Geld, und wenn er abends erschöpft heimkehrt, wundert sich vermutlich über die strotzende Jugendlichkeit der Gemahlin und ihre verführerische Anschmiegsamkeit.

Das Raffinement des Film besteht darin, dass er Mutterliebe, Sohnesliebe, Zärtlichkeit und sexueller Rausch so elegant verknüpft werden, dass hemmende Bedenken rasch verschwinden und der Betrachter quasi von allen Tabus erlöst sich seinen infantilen, aber in erwachsene Bilder verkleideten Teilhabephantasien überlässt. Die Szenen wecken tief verborgene Sehnsüchte, die man ruhig als universell in der Gattung angelegte, aber verdrängte Strebungen ansehen darf. Aufatmend stellt der Voyeur fest, dass alles erlaubt ist und der Betrug am Vater wie eine legitime Umgangsform erscheint.

Die regressiven Wünsche, die in den beiden wach werden, verbinden sich mit dem mütterlichen Frust über die langweilig gewordene Ehe, und der aufblühende Jugendliche könnte sich nichts besseres Wünschen, als im komfortablen „Hotel Mama" in die ersehnte Erwachsenenwelt eingeführt zu werden.

Die verheißungsvolle Welt der verschworenen Krieger

Der Bandencharakter einer sanften oder wilden Vergewaltigung – auch wenn bei den Frauen ein den Männern entgegenkommendes Einverständnis herrscht – ist bereits erwähnt worden. Diese erleichternde Vorbedingung für die homoerotisch getönte Überwältigung der Frau entfällt bei den Filmen über eine Kampfpause eines „Stoßtrupps". Sie haben eine vermutlich Eingeborene sich eingefangen, mit der sie alle Hemmungen fallenlassen können. Unter launig groben Scherzen reichen die siegreichen Kameraden sich die Frau weiter, oder sie haben die Wehrlose so auf einen Tisch oder eine Fahrzeughaube platziert, dass sie der Reihe nach antreten können, um einzudringen.

Manchmal entsteht ein Geschubse, wenn einer zu lange verharren will oder sein Geschäft nicht im angemessenen Tempo erledigt. Die jeweiligen Leistungen werden wohlwollend oder sarkastisch kommentiert. Die Frau ist zuletzt nur noch ein zuckendes Bündel, während die bereits erfolgreichen Kämpfer ihre Kampfhosen schließen. Die ordinäre Selbstverständlichkeit der Bilder erlaubt dem zivilen Betrachter, sich straflos in die schöne Welt von Siegern einzufühlen, oder von Männern, die sich auf diese Weise auch über eine Niederlage im Kampf hinweg trösten können. Die Filme stellen eine dreiste Form von Legitimation von Massenvergewaltigung dar, von kriegerischer Unmenschlichkeit, die die sexuelle Gewalt als Kampfmittel fast als normal erscheinen lässt.

Die lockende Welt der Massagesalons

Als Ouvertüre dient ein Verabredung zu einer medizinischen oder einer Wellness-Massage. Es sieht zunächst ganz friedlich und ordenticht aus, bis dann die sich einschleichende Überraschung kommt, wenn, wie in anderen Streifen, nicht bereits eine lüsterne Atmosphäre über dem Ganzen liegt. Denn oft wissen die eingeweihten Partner längst, dass sie augenzwinkernd eine eine frivole Komödie aufführen. Auf jeden Fall wird der Klient wie der Betrachter auf eine wohlig-sanfte Weise in den Genuss eingeführt, die Begierde fängt an, über Haut und Körper zu schauern, die massierenden Hände gleiten langsam und atemberaubend intim an die wartenden erogenen Zonen – aber der ganze Körper ist ja längst erogen aufgeladen – sodass der sexuelle Ausgang der Veranstaltung als das Natürlichste der Welt erscheint. Genüsslich wird der Zuschauer zum finalen Orgasmus hin geführt, die prickelnde Eroberung des Körpers – egal ob Mann oder Frau – gleicht einer kurzen Ferienreise ins Glück, die um so verlockender wirkt, wenn tailändische Befriedigungskompetenz oder westliche Professionalität am Werk scheinen.

Die Kamera als Begleiterin, Zeugin, Voyeurin

Beliebt bei selbstunsicheren, narzisstischen Liebhabern ist es, die Vorgänge selbst zu fotografieren oder zu filmen und damit aus einer Position des Beobachters zu dokumentieren. Es geht meist um das Festhalten der Wirkung, wobei die Frau, falls sie nicht selbst filmt, zu einem exhibitionistischen Objekt wird. Aber auch der eigene erigierte Penis wird gefilmt, und eben das Erregungswerk, das er verrichtet. Die Kamera ist oft „der Dritte", der Zeuge und Bestätiger, und die Phantasie mag sein, dass die Lust für die Nachwelt aufgehoben wird, oder zur nachträglichen Wiederbesichtigung mit entsprechender Selbstbewunderung oder Selbstverliebtheit.

Da die Filmkamera ja, meist samt unsichtbarem Team, immer dabei ist bei den Szenen, reizt das Spiel des Paares mit deren Anwesenheit. Zwar bleibt diese oft vollkommen außerhalb des Geschehens, aber oft reagieren die Agierenden, doch diesmal nur die Frauen, auf Teammitglieder oder den hinter der Kamera phantasierten Zuschauer. Ihre Augen scheinen zu fragen: mache ich die Sache gut, bin ich ausreichend geil, bewundert ihr unsere Leistung; oder aber „der Dritte" als durchaus ödipal verdichtete oder symbolische Figur wird durchaus hereingeholt in die Szene, indem die Frau mit ihm Augenkontakt aufnimmt, gar mit ihm flirtet und augenzwinkernd sein Einverständnis sucht.

Der Betrachter erhält den Bonus des Spanners wie des Triumphs über den sich abmühenden Mann, den die Frau lachend hintergeht und ihre Erregung quasi wegschenkt vom Partner an den Voyeur. Dieser Flirt scheint nicht nur ein Zufallsprodukt angesichts der realen Präsenz des Filmteams, sondern gewollt als Zusatzreiz für den Beobachter.

Psychoanalytisch gesprochen bedient die Szene den Urwunsch, bei Koitus der Eltern dabei zu sein, und dabei von der Mutter nicht nur verlassen, sondern in schelmischem Kontakt mit ihr zu bleiben. Die von Freud noch als traumatisch angesehene „Urszene" wird so wahrhaftig leichter zu ertragen und bietet einen omnipotenten Mitgenuss an ihr an, weil der „böse räuberische Vater" einer gewissen Lächerlich preisgegeben wird.

Das Wonnereich der Frauen

Sie werden als Gestalterinnen, Huren oder Priesterinnen des Peniskults verwendet. Andacht, Faszination, Hingerissensein von und Gier nach dem Penis ist ihre Aufgabe. Der orgiastische Gruppenumgang mit einem oder mehreren Penissen wurde bereits erwähnt. Am in allen Liebeslehrbüchern erwähnten oder ersehnten gemeinsamen Orgasmus teilen sich in den Filmen die Lebensgeister. Die Männer üben in der Regel Koitus interruptus zur Steigerung des narzisstischen Anteils an der Ejakulation: sie wollen sie unbedingt außerhalb der Vagina vollziehen und sich selbst und der Partnerin beim „Abspritzen" zusehen. Dass sie die Frau um den gemeinsamen Orgasmus betrügen – was im Bild gelegentlich als kurzer resignierter Gesichtsausdruck der Frau aufscheint, als Reaktion auf den abrupten Verlust – muss im Film anders gedeutet werden: nicht der Schoß soll das Sperma aufnehmen, sondern der schon vorher gierig geöffnete Mund der Frau.

Die lustvolle Fiktion für den Mann, die die Frau bedienen muss ist die: Erschleudert ihr ein heiß begehrtes Geschenk entgegen, sie spielt eine intensive Teilnahme an seinem Höhepunkt vor, den sie sozusagen an ihn abtritt, und dann dankt sie für das Geschenk durch gieriges Schlucken oder ein genüsslicher Verreiben des Samens auf ihrer Brust oder dem ganzen Körper.

Der kindlich anmutende Narzissmus des Mannes erreicht einen neuen, anderen Höhepunkt, weil seine trübe Flüssigkeit sich in einen heilenden Balsam verwandelt. Er wird zum mächtigen Wundertäter mit Hilfe seines Ejakulats, er erntet zum Schluss eine unerwartete Beglückung auf dem Gesicht der Frau, die dem Ereignis, neben der eigenen Hand, ja mit dem Mund der Segnung schon vorgearbeitet hat.

Zum Dank nimmt sie den langsam abschlaffenden Penis noch einmal in den Mund und saugt letzte Tropfen der Wunderdroge heraus. Dem Kult um den Penis folgt der Kult um das Sperma, die männliche Auserwähltheit in den Sexrollen ist gefestigt. Auf der infantilen Seite wird der Wunsch des Kleinkindes befriedigt, auch der Mutter Glück zu bereiten und ihr zu danken für ihre Liebe. Das frühkindliche und das erwachsene Vergnügen vermischen sich ununterscheidbar, und das macht wohl auch die Macht der Befriedigung beim immer wieder wiederholten Anschauen der Film aus. Der Zauber der Beglückung der Mutter durch das kindliche Äquivalent des noch nicht beherrschbaren Urindrangs ist der schwer schnaufend erlebte Lohn für die aufregende Begegnung.

Dirty talk oder schweinische Reden

In manchen Filmen wird nicht nur gestöhnt, sondern in kurzen Worten auch Laut gegeben, geredet wäre zuviel gesagt. Den Regisseuren scheint es wichtig, dass Begeisterung, Anfeuerung und Ergriffenheit auch „rüberkommen". Die meist verwendete Vokabel für staunendes Hingerissensein, das Herannahen des Orgasmus und dessen Vollendung ist das gestammelte oder geschrieene Wort „Gott!" oder schärfer „Oh Gott, ist das schön!", sei es als Dank, aber fassungslos, oder Ausdruck einer nicht mehr überbietbaren Lust, ein Schrei, der vermutlich das Gefühl der Explosion oder des drohenden Zerfalls eines bedrohten Ichs ausdrückt und in letzter Sekunde zu verhindern scheint. Die Anrufung des Herrn klingt nicht eben fromm, aber verzückt, und wenn ich's recht gehört hat, ist dieses rettende Stoßgebiet in den amerikanischen Filmen häufiger als in den deutschen oder französisch. Für die vielen russischen oder japanischen Streifen fehlen mir die Sprachkenntnisse.

Nach Steigerung der Lust oder Anfeuerung des doch schon sehr bemühten Partners oder der Partnerin ruft das einfache und begeisterte Wörtchen fuck, herausgestoßen aus dem verzerrten Mund der Frau aus Angst, der entfesselte, manchmal auch bedächtig zustoßende Durchbohrer könnte erlahmen, oder er könnte meinen, die sich windende Frau sei schon nicht mehr ganz bei der Sache. Es signalisiert aber auch eine extreme Hingabe und Auslieferung an Genommensein, das sich um Gewalttätigkeit nicht mehr kümmert. Die Männer hörens mit wachsendem Wohlgefallen und verdoppelter Anstrengung. Sie entnehmen dem Schrei die alle Zweifel oder alle Bedenken hinwegfegende, rauschhafte Zustimmung, und der süchtige oder fast nach teilnehmender Identifikation gierige Betrachter genießt diese aufpeitschende Zustimmung, er lässt sich mit Wollust überschwemmen, und auch den sstaunenden Betrachter kann es überrieseln.

Von Seiten der Männer ist der Aufschrei fuck oder fuck you eine Art Triumphgeschrei von der Höhe des Erlebens herunter, oder aus der liegenden Position unter der Partnerin, die er mit seinen Stößen fast in die Höhe zu heben versucht, wenn ihm die Frau nicht alle Mühe abnimmt durch ihr zuckendes oder genießerisch verlangsamtes Becken.

Der Zuschauer ist eingeladen, den Triumph zu teilen, vor allem, wenn ihm die Frau den Triumph sozusagen zuspielt, mit den hingerissenen und wie einstudiert wirkenden Komplimenten „your cock is wonderfull or unique", „go deeper", „fill me up", auf deutsch „fick mich durch", „stoß zu" usw. Der Genuss der Männer besteht darin, dass auch die Zweifler, die Gehemmten, die Verklemmten alle Hürden des Zögerns oder der Angst überspringen können, ob die so begehrt oder so hinreißend sind.

Auf der regressiven Ebene erleben sie die anfeuernden Rufe der Mutter, wenn die nackten Kleinen auf dem Schoß der Mutter oder auf dem Wickeltisch herumzappeln und den Glanz im Auge der Mutter oder ihre Begeisterung über den Kinderkörper genießen. Wer den Glanz im Auge oder im Jubel der professionellen Liebedienerin immer wieder suchen muss, bleibt leider süchtig, auf Wiederholung angewiesen, weil er die frühe Lücke im Körpergefühl nie mehr ausreichend füllen kann.

Resumé

Nach neueren Jugendstudien (z. B. Shellstudie 2010) hat über die Hälfte der 13- bis 15-jährigen Jugendlichen Erfahrungen mit einsamem oder gemeinsamem Anschauen von Pornofilmen. Welche Wirkung dies auf die spätere Entwicklung ihrer Sexualität, ihrer Beziehungs- und Liebesfähigkeit hat, ist unbekannt. Aber wilde Promiskuität scheint nicht das bevorzugt Verhalten zu sein. Natürlich sind Kulturkritiker besorgt, aber das gehört fast schon zum guten Ton des Bedauerns über sich verschlechternde Zeiten.

Vielleicht gehört es zum Abenteuer der Neugier, zu thrill der Unerfahrenheit, zum Zwang der Jugendkultur, aber auch zum heimlichen Aufstand gegen noch immer befangene Eltern, zum aggressiven „Durchschauen" der Erwachsenen, so wie es in viele meiner Patientenbiographien gehört, dass man eines Tages in einem verborgenen Schrank oder einer doppelten Schublade Pornohefte entdeckte und bestürzt war, dass die als brav phantasierten Eltern so etwas überhaupt besaßen. Es war manchmal ein milder oder kräftigerer Schock, aber auch ein Erlebnis der Befreiung, ja der auch schmerzlichen Entidealisierung. Ein Stück beschämender oder erheiternder Realität hatte Einzug gehalten ins frühe Seelenleben der Kinder. Bei den meisten Jugendlichen geht die Phase erregter und stolzer Neugier wieder vorbei, und es scheint, dass es eher verklemmte, unbefriedigte, gelangweilte oder gestörte Erwachsene sind, die beim Dauerschauen hängen bleiben oder gar eine Sucht entwickeln. Bei meinen Patienten war es eher der stetige Begleiter des Katzenjammers der Grund, Therapie zu suchen, die Scham vor der ewigen Heimlichkeit, das Gefühl der Entfremdung gegenüber der Familie, den Freunden, der Umwelt, die es doch nicht wissen durfte.

Aber die durch das Internet erleichterte, ja geradezu inflationäre und leichte Zugänglichkeit mag die Situation doch verändert haben. Ein geradezu harmloser Gebrauch der Filme wäre es, wenn sexuell matt gewordene Eheleute oder „unordentlich" zusammen lebende Paare sich in eine Erregung stimulieren, die es ihnen erlaubt, einen erfrischenden Koitus hinzu legen. Jedes gehobene Hotel bietet den zum Teil teuer berechneten Service von blue films für einsame Handlungsreisende, Konferenz- und Tagungsbesucher, die sich die Einsamkeit und den plötzlichen Stimmungsabfall nach Ende der Dienstzeit erleichtern wollen.

Vielen Menschen gelingt vielleicht die Selbstbefriedigung, die sie auch neben ihrer aktiven oder gar nicht vorhandenen Partner-Sexualität nur brauchen, wenn sie sich den voyeristischen Kitzel gönnen. Wie viele Partialtriebe nebenbei befriedigt werden, muss offen bleiben. Vielleicht helfen die Filme sogar, eine noch verklemmtere, indirekte, verschobene, zum Missbrauch neigende Sexualität auf eine harmlosere Ebene zu verschieben. Vor die Flut der ebenfalls auffindbaren Kinderpornographie schieben sich inzwischen Warnhinweise oder die Filme werden gar nicht aktiviert, sondern der Betrachter hat nur Zugang zu den zahllosen Standbildern, die er ungeniert betrachten kann. Ob sie diese potentielle Kindsmissbraucher antörnen, oder ob Kindern ein Missbrauch durch deren einsame Onanie vor dem Bildschirm erspart bleibt, ist ungewiss.

Auf einige ganz andere Aspekte einer Problematik für jüngere Menschen brachte mich eine sozial engagierte Kinder- und Jugendlichentherapeutin zur Ergänzung meiner Sicht als betagter männlicher Psychoanalytiker. Das junge Alter beim Eingehen einer festen Bindung bringt sie mit dem geringen Halt in Zusammenhang, den unzählige schwierige oder scheiternde Ehen und Familien bieten.

Die junge Leute suchen früh eine sichere Geborgenheit und eine Orientierung in einer verwirrenden Welt zu vieler Möglichkeiten, Unsicherheiten und Verwirrung. Trotzdem sieht sie für beide Geschlechter Gefahren durch einen frühen und überschwemmenden Einfluss der Filme: beide Partner erhalten ein einseitig verschobenes Bild von Sexualität ohne den sicheren Fundus von erprobter Liebe. Für die jungen Männer oder die Jugendlichen könnte ein Leistungsdruck entstehen: was sie alles können und beherrschen müssen, was sie aber auch unbekümmert verlangen oder tun dürfen, wenn ihre Partnerin mit der noch unsicheren eigenen Haltung zustimmt.

Aber eben diese Zustimmung ist das Problem: auch die Mädchen sind noch unsicher, was sie suchen und ersehnen, und sie kommen unter den Druck, Dingen zuzustimmen, die sozusagen "in" oder von ihren Partner unbekümmert gefordert werden. Sie lassen sich also, wenn sie nicht selbst überemanzipiert aktiv, initiativ und fordernd werden, vielleicht missbrauchen für eine Sexualität, die sich entfernt von ihren tieferen Bedürfnissen und Einbettung der Sexualität in eine tiefere gewachsene Bindung. Für den Jungen ist es vielleicht nahe liegend, die Filme gemeinsam anschauen zu wollen, während das Mädchen eher ein Abgestoßensein beiseite schiebt. Der Druck, der sich auf beide Partner durch die Sexualisierung der Öffentlichkeit durch eine freizügige Werbung und ebenso freizügige Fernsehsendungen und Filme auswirkt, mag durch den selbstverständlich gewordenen Gebrauch pornographischer Filme noch verstärkt werden. Man könnte also von einer Enteignung der geduldigen Selbsterfahrung sprechen durch zwiespältige Vorbilder, deren Einfluss sich längst nicht alle Jugendliche zu entziehen vermögen.

Eine Diskussion mit Porno erfahrenen Jugendlichen brachte eine zusätzliche Perspektive ins Spiel. Auch die jungen Männer fühlten sich, neben sarkastischer Distanzierung, unter Leistungsdruck gesetzt und mutmaßten über „andere Jugendliche", die mangels anderer Aufklärung ein einseitiges falsches oder brutales Bild von Sexualität bekommen könnten. Sie verwiesen ebenfalls auf die Gefahr, – da die meisten Pornopartnerinnen über die ewig gleiche Model-Schönheit verfügen – dass sich ein falsches Erwartungsbild an ihre zukünftigen Partnerinnen festsetzt, das Enttäuschungen vorprogrammiert. Das gleiche gelte für die die Mädchen oder jungen Frauen, die ohnehin schon unter dem Schönheitsdruck der Werbe-Industrie leiden.